Mit Muskeln, das muss man ihm wirklich lassen, kannte Alan Calvert sich aus. Der Amerikaner, 1875 geboren, war Gewichtheber, aber nicht wirklich, um Meisterschaften zu gewinnen – nein, Calvert war vor allem an Körperertüchtigung mittels Gewichten interessiert, und weil er fand, dass auch seine Mit-Amerikaner ihre Leiber optimieren sollten, gründete er 1902 in Philadelphia die „Milo Bar-Bell Company“, eine der ersten Firmen weltweit für Fitnessgeräte. Und er schrieb Bücher, in denen er auch ein Gewicht pries, das nicht auf seinen Bestellformularen stand: das eigene Gewicht jedes eigenen Menschen. 1915 schrieb er zum Beispiel in „First course in Body-Building and Muscle-Developing Exercises“ über die Kniebeuge („Stehe ruhig und mit den Fersen zusammen, die Zehenspitzen nach außen gedreht. Beuge die Beine an den Knien und senke dich nach unten in die Position … Erhebe dich und wiederhole dies einige Male. Wenn du den Körper absenkst, heben sich die Fersen vom Boden ab. Lass die Knie so weit nach außen wie möglich zeigen, da dies dazu beiträgt, die Muskeln an den Außenseiten der Oberschenkel zu entwickeln“). Für Calvert war diese Verrichtung nicht weniger als die, Zitat, „Königin der Kraftübungen“.
Die Kniebeuge hat nicht nur die Zeit überdauert, sie ist auch und gerade heute für uns eine ziemlich praktische Sache – das Ding ist astreines effektives Training, für das wir nicht einmal die Wohnung verlassen müssen. Was wir ja auch nicht sollen, Lockdown ist Lockdown. Und wenn die Kniebeuge die Königin aller Kraftübungen ist, dann dürfen wir feststellen: Sie hat sehr viele nützliche Untertanen.
Zum Beispiel: Ganzheitlichkeit. Wer an Maschinen trainiert, stärkt seine Muskeln isoliert. Macht man dagegen die guten alten Liegestütze (und Ihr probiert das bitte mal eben aus), wird man feststellen: der ganze Körper ist beteiligt. Außerdem wird der Gleichgewichtssinn gefordert, die Koordinationsfähigkeit, die Beweglichkeit… Das gilt auch für das „Rumänische Kreuzheben auf einem Bein“: Man berührt mit der Hand die Fußspitze und streckt das Bein nach hinten aus. (Auch das: bitte durchexerzieren. Jetzt.)
Noch ein Vorteil: Die Sache ist so intensiv, dass sie ziemlich kurz ist. In 20 Minuten bekommt ein vollständiges Training hin, nach dem es vollkommen gerechtfertig ist, sich erschöpft aufs Sofa nebenan zu rollen.